Armenien nach der „Samtenen Revolution“
14. August 2019Rundbrief 2020
15. November 2020Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,
gerne informieren wir Sie auch in diesem Herbst wieder über die Aktivitäten unseres Vereins im laufenden Jahr. Dieses Mal erhalten Sie den Rundbrief etwas später als gewohnt. Grund dafür ist die Reise von Georg und Margarete Walcher nach Armenien vom 25.10. – 8.11., um einiges vor Ort zu organisieren und zu erledigen. Die aktuellen Einzelheiten hierzu finden Sie am Ende dieses Rundbriefs. Vorneweg möchten wir uns für die zahlreichen großen und kleinen Spenden Ihrerseits bedanken, die uns schon seit Jahren unsere Arbeit ermöglichen und uns immer wieder motivieren, weiterhin am Ball zu bleiben. So hat uns die Organisation Renovabis die im letzten Jahr zugesagten Mittel für die überfällige Reparatur der Heizung im Waisenhaus Vanadzor in Höhe von 40.000,- € heuer zur Verfügung gestellt; die Arbeiten sind inzwischen abgeschlossen. Für denselben Zweck hat auch die Firma Martin Bauer 2.000,- € gespendet. Immer wieder erhalten wir dankenswerterweise Spenden von unterschiedlichen Schulen, so z.B. vom Bamberger Eichendorff-Gymnasium 3.500,- € und von der Grundschule Süd in Höchstadt 2.193,- €.
Außer für das Hauptprojekt Waisenhaus in Vanadzor haben wir auch in diesem Jahr die Spendengelder nutzbringend vor Ort eingesetzt. An erster Stelle ist die älteste Höchstädter Initiative zu nennen: Die „Küche der Barmherzigkeit“ in Yerevan konnten wir mit 3.738,- € unterstützen. Wir wirken auch im kleineren Kreis, z.B. durch finanzielle Unterstützung bedürftiger Familien oder durch Übernahme von Studiengebühren für Studenten, die sich sonst das Studium nicht leisten könnten. Durch wiederholte und regelmäßige Besuche, aber auch durch unsere Gewährsleute vor Ort (Viktor Avetisjan und Familie), wird die Verwendung der Mittel, überprüft. Aus aktuellem Anlass wurden im März 2019 an 22 armenische Familien, die vor den Kämpfen in Syrien nach Armenien geflohen sind, jeweils 100,- € zur Verfügung gestellt. Als Christen werden sie in Syrien verfolgt.
Ein gutes Jahr nach der „sanften Revolution“ haben sich erste positive Entwicklungen gezeigt; vielleicht geht es nicht so schnell wie erhofft. Aber die aktuellen Berichte von Georg und Margarete (siehe unten) geben Anlass zu Optimismus. Um uns einen Einblick über die neueste Entwicklung in Armenien zu gewähren, hielt Dr. Hrair Baghramyan, der uns auch sonst in vielfacher Hinsicht eine große Stütze ist, am 28.2. einen Vortrag zur aktuellen politischen Lage im Kaukasus. Auch weiterhin werden wir uns bemühen, regelmäßig Vorträge zu diesem Thema anzubieten. Erfreulicherweise hat die VHS Erlangen in Zusammenarbeit mit dem Türkisch-Deutschen-Solidaritätsverein TDS und unserem Verein im laufenden Semester eine Veranstaltungsreihe über Armenien in ihr Programm aufgenommen. Den Anfang machte am 16.10. der Autor und ehemalige Goethe-Institutsleiter Stephan Wackwitz mit der Präsentation seines Buches „Die vergessene Mitte der Welt: Unterwegs zwischen Tiflis, Baku und Eriwan“. Am 16.11. hielt die uns wohl bekannte Astghik Mantashyan ein Seminar (sprachliche und landeskundliche Einführung) ab, das auch eine Einweisung in die armenische Schrift bot.
Am 4.2.2020 wird schließlich der türkische Film „Lost Birds“ (2015) gezeigt, der sich mit der Vertreibung der Armenier auseinandersetzt – aus der Sicht von zwei Kindern. Hier finden Sie weitere Infos zur Vorstellung: zur Veranstaltung
Neben den Vorträgen gehören auch immer wieder musikalische Veranstaltungen zu den Angeboten unseres Vereins, in diesem Jahr, am 4. Juni, ein Konzert mit Werken des armenischen Komponisten Komitas Vardapet anlässlich seines 150. Geburtstags. Als Solisten traten der bekannte Bariton Gor Harutyunyan sowie die Sopranistin Lusine Azaryan auf; begleitet wurden sie von der Pianistin Stella Scheide.
Ein ganz besonderes Ereignis des Jahres für unseren Verein war wohl die kombinierte Reise nach Armenien und Georgien. Es war interessant für die Teilnehmer, die meist schon gewisse Armenien-Erfahrung hatten, auch das Nachbarland Georgien zu entdecken und mit den armenischen Verhältnissen zu vergleichen. Georgien ist durch Klima, Wälder und Wasserreichtum gesegnet, die wunderschöne Natur und ein vielfältiges kulturelles Angebot machen es für Touristen sehr attraktiv. Unsere Fremdenführerin Nino, genannt Nutsa, war uns eine sachkundige und sprachgewandte Vermittlerin der georgischen Gegebenheiten. So waren wir unter dem hohen Gipfel des Kasbek (5.033 m), an den der Mythologie nach Prometheus gekettet war; dazu mussten wir mühsam die Alte Heeresstraße hochfahren. Andererseits waren wir unterirdisch in der beeindruckenden Poseidon-Höhle. Der historisch belegte älteste Weinanbau der Welt musste natürlich auch getestet werden.
Die nächste Reise für Interessierte wird nach diesem Erfolg im nächsten Jahr wieder beide Länder kombinieren.
Als Termin ist der 5.5.2020-16.5.2020 vorgesehen.
Leider haben wir auch Trauriges zu vermelden: Der zum ersten Todestag am 12.12.2018 unseres überaus verdienten und viel zu früh verstorbenen Vorstandsmitglieds Wolfgang Vogel auf dem Gelände der Herz-Jesu-Pfarrei in Erlangen aufgestellte Kreuzstein des armenischen Künstlers Dolik Avetisjan wurde inzwischen schon zwei Mal aus seiner Verankerung gerissen und umgestoßen; beim zweiten Sturz ist er sogar auseinandergebrochen. Die Hintergründe sind nach wie vor unklar, für uns alle ein unfassbares Beispiel von Vandalismus. Es wird nach Kräften versucht, den Kreuzstein eventuell an einer weniger exponierten Stelle, so bald wie möglich wieder aufzurichten. Die Armenische Gemeinde in Nürnberg e.V. hat sich erfreulicherweise erklärt, uns dabei zu unterstützen. Im Moment wird der Stein in einer Werkstatt in Nürnberg zwischengelagert.
Von der aktuellen Reise vom 25.10. – 8.11. haben Georg und Margarete Walcher viele Neuigkeiten mitgebracht. Der neue deutsche Botschafter, Herr Dr. Michael Banzhaf , und die neue, für uns zuständige Referentin am Sozialministerium, Frau Anahit Kalantarjan, haben jeweils zugesichert, unsere Projekte auch in der Zukunft mit Wohlwollen zu unterstützen. Auch am Waisenhaus haben sich Veränderungen ergeben: Die neue Leiterin, Frau Lilia Abrahamjan, freut sich auf weitere Zusammenarbeit, auch wenn das Waisenhaus nicht in dieser Form weiterbestehen wird. Die zuletzt gesunkene Zahl der Waisenkinder hat zur Folge, dass das Waisenhaus als solches aufgelöst wird, aber als Tagesstätte bestehen bleibt. Die drei Werkstätten und das Hauptgebäude werden wie bisher weiter betrieben und stehen auch anderen Jugendlichen aus Vanadzor und Umgebung zur Verfügung.
Als nächstes Ergänzungsprojekt ist ein Gewächshaus mit kombinierter Obstdörranlage neben den drei Werkstätten vorgesehen und könnte das konkrete nächste Förderungsziel werden.
Zusätzlich hat Margarete Walcher an der Germanistischen Abteilung der Universität in Vanadzor, Leiterin Frau Gohar Dokholyan, den Studenten Deutschunterricht erteilt. Diese zusätzliche Art der Unterstützung soll auch in Zukunft fortgesetzt werden.
In die politische Lage Armeniens kommt ebenfalls Bewegung, die durch die Umbesetzung vieler wichtiger Posten im Lande für einige Monate blockiert war. Dies ist am offensichtlichsten beim rasch voranschreitenden Ausbau der Straßen, da bisher die dafür eigentlich vorhandenen Gelder in die Taschen von korrupten Funktionären flossen. Nun kommen sie direkt dem vorgesehenen Zweck zugute. Mitten in den Besuch kam auch die Nachricht, dass das Vorgehen der Türkei gegenüber der armenischen Bevölkerung 1915 von den USA als Genozid eingestuft wurde.
Abschließend möchten wir uns noch einmal herzlich für Ihr Interesse an der Vereinstätigkeit und Ihre tatkräftige Unterstützung dabei bedanken! Wegen einer Spendenbescheinigung beachten Sie bitte das Beiblatt. Sehen Sie sich auch mal auf unserer Webseite um, Frau Gertraud Lehmann hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, sie zu betreuen und fortlaufend zu aktualisieren.
Mit herzlichen Grüßen